Samstag, 18. Oktober 2014

Fettnäpfchen, Geschichten und Momente

Erst gestern waren wir wieder einmal im National Handloom 6 verschiedene Kecksssorten für die nächsten Wochen (+ Waschmittel) kaufen. Für eine andere Freiwillige wollte ich Klopapier mitbringen. Das stellt sich in Indien als eine wirklich komplizierte Aufgabe heraus, sowas benutzt man hier nämlich nicht. Nachdem wir dann in 3 Stockwerken danach geschaut hatten, entschieden wir uns nachzufragen. Von einem Shopangestellten in die eine, vom nächsten in die entgegengesetzte Richtung geschickt, wurden wir letztendlich zum Klopapier geführt. Anfangs wurde aber mit voller Überzeugung in eine Richtung gezeigt, bis er dann merkte, dass er doch falsch lag. Wir fanden die Einigkeit der Verkäufer einfach Klasse und sind mit Vergnügen etwas herum geirrt!


Mukta an einem Tag, an dem man für seinen Ehemann und dessen Gesundheit fastet.


Im Boardinghome wird zur Zeit ein weiterer Raum ausgebaut, denn noch schlafen einige der Mädchen zusammen in einem Bett. In Verbindung mit dieser Tatsache, sah ich nun jeden Tag Neeru (eine der Kleinsten) und ein paar andere mit einem grauen "Dreckpunkt" auf der Stirn. Mit den Worten: "Don't play with the dirt!", wischte ich einige Tage lang immer wieder diesen "Dreckpunkt" weg. Sie konnte sich wegen fehlender Vokabelkenntnis leider nicht wehren und sah mich immer nur verärgert und genervt an. Vor einigen Tagen wurde mir dann die ganze Geschichte von den Älteren erklärt. Nach dem Essen wurde gebetet und dann ein Punkt aus den Resten von Räucherstäbchen zwischen die Augenbrauen gesetzt. Im Endeffekt war es doch eine Art Dreck, aber ein religiöser und ich habe es nicht verstanden. Sowas musste ja irgendwann mal passieren. Ich habe auch einen Punkt bekommen und mich entschuldigt. Ich glaube Neeru weiß, dass ich einfach keine Ahnung davon hatte und hat meine Entschuldigung auch angenommen.


Eine der Karten, die wir zu "Happy Teachers Day" bekommen haben.


Stromausfälle sind hier schon nichts besonderes mehr. Der Strom ist so alle zwei Tage, 10 Minuten bis 2 Stunden weg. (Meine Schätzungen für den Durchschnitt) Während der Regenzeit war eines der Stromversorgungshäuser zerstört gewesen. In der Zeit hatten wir dann mal halbe bis ganze Tage keinen Strom. Aber an all das gewöhnt man sich und solange wir nicht gerade das Internet brauchen, das ohne Strom ja nicht funktioniert, komme ich damit ganz gut klar. Erst heute morgen stand ich unter der Dusche, shampoonierte gerade meine Haare und plötzlich war das Licht weg. Man muss sagen, im Dunkel duscht es sich auch gut und beim Abtrocknen war das Licht auch wieder da.


Der Maler war wieder mal im Hause und hat den Treppenaufgang verschönert.


Ich bin hier in Indien, um den benachteiligten Frauen der Dalit-Kaste ein besseres Leben zu ermöglichen. An zwei Vorfällen habe ich jetzt die Gewalt an Frauen mitbekommen.
Die Verkäuferin aus der Sambhali Boutique, Sanju, hatten einige Freiwillige weinend aufgefunden. Sie erzählte, dass ihr Mann sie geschlagen hatte und so nahmen sie sie mit ins Guesthouse. Dort wurde nicht lange geredet und es ging los. Nachdem einige Frauen aus der Selbsthilfegruppe eingesammelt waren, fuhren sie mit ihnen zur Polizei. Der Mann durfte eine Nacht dort verbringen und ausnüchtern, um am nächsten Tag für ein Klärungsgespräch bereit zu sein. Was weiter passiert ist weiß ich nicht. Ich hoffe und glaube, sie hat sich von dem Alkoholiker getrennt. Das wäre auch das Beste für ihre liebe kleine Tochter. Leider scheinen hier einige Männer ihr Probleme mit Alkohol lösen zu wollen und verfallen so in den Alkoholismus. Ich hätte nie gedacht, dass es sowas in Indien gibt. Aber Alkohol ist scheinbar doch nicht von der Religion verboten. Er ist nur sehr teuer.

Vor einer Woche kam während meiner Administrationsarbeit ein Mädchen in den Office, setzte sich mir gegenüber und begann mit mir zu reden. Sie waren gerade mit ihrer Mutter und Schwester zum Trust gekommen, da die Mutter am Morgen eine schlimme Verbrennung erlitten hatte. Aber nicht ausversehen. Sie war gerade beim Chai kochen, als sie ihren Mann nach dem Schulgeld fragte. Es entstand ein Streit und ihr Mann schüttete ihr den kochend heißen Chai über Brust und Schulter. (so ist zumindest die uns erzählte Geschichte) Die beiden Töchter haben Schulstipendien von Sambhali Trust und so entschieden sie sich, hier nach Hilfe zu suchen. Mrs. Meta fuhr mit der älteren Tochter und der Mutter sofort ins Krankenhaus. Die Jüngere saß mir nun gegenüber und sie konnte erstaunlich gut Englisch sprechen, was den Erfolg der Schulstipendien beweist (obwohl ich von den Schulen hier eigentlich nicht so überzeugt bin). Sie erzählte mir, dass ihre Eltern sich sehr oft streiten würden und dass sie es hasste. Sie hoffte, dass es ihrer Mutter bald wieder gut gehen würde und hatte dabei tränen in den Augen, aber sie weinte nicht. Wir wurden unterbrochen und sie ging nach hause. Ich weiß nicht mehr über die Geschichte. Die Mutter kommt jetzt aber immer früh ins Jodhpur Empowermet Center und hat noch immer Probleme mit ihrer schweren Verbrennung. Ich hoffe sie hat Konsequenzen aus dem Vorfall gezogen, aber sicher bin ich mir da nicht.

Nach diesen Geschichten weiß ich jetzt auch, wieso wir diese Arbeit machen und das der Trust gute Arbeit leistet.


Sonnenaufgang

Abschlusskonzert des Jodhpur RIFF am Jaswant Thada.




Bei unserem Streifzug durch die Altstadt Jodhpurs ist Katha und mir etwas schönes passiert. Wir hatten einen Tempel gefunden, trauten uns jedoch nicht, herein zu treten. Ein kleiner Mann winkte uns dann hinein. Ich fragte, wo wir unsere Schuhe ausziehen sollten und er meinte, dass wir das lieber lassen sollten, da wir uns sonst die Füße auf dem heißen Marmorboden verbrennen würden, denn dieser wurde schon seit Stunden von der Sonne angestrahlt. Er zeigte uns einen Weg aufs Dach des Tempels und wir konnten ein Stück weit über die Altstadt schauen. Es war herrlich da oben. Beim Abstieg vom Dach überlegten wir, wie viel Geld wir dem Mann nun geben würden, denn er würde sicher etwas verlangen. Falsch gedacht, er lud uns noch auf einen Chai am Straßenrand ein. Als wir fragten, wie viel er dafür bekommen würde, schüttelte er den Kopf für ein Nein und begründete mit dem Satz: "Ich bin ein reicher Mann, habe Kinder und Enkel und bin sehr glücklich." Wir sollen unseren Eltern auch gratulieren für solche netten Kinder. Mit diesen Worten verschwand er und wir freuten uns über diese nette Begegnung.

Streifzug durch Jodhpurs Altstadt



2 Kommentare:

  1. Deine Bilder und berichteten Erlebnisse machen richtig Lust auf Indien. Ich möchte auch gern "deine Mädels" kennenlernen. Hoffentlich bekommen wir das hin mit einem Besuch in Jodhpur im Februar.
    Kussi Mama

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  2. Freu mich total auf den Besuch bei dir. Tolle Geschichten und Bilder. Josie

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